Das Hessische Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG) versucht mit einem neuen methodischen Ansatz die Hydromorphologie der hessischen Fließgewässer zu verbessern.
Zu diesem Zweck wurde eine Methodik erarbeitet, bei der die hessischen Fließgewässer hinsichtlich ihrer Gewässerentwicklungsfähigkeit bewertet werden. Die resultierende Einschätzung der Wasserkörper soll einen effektiven Einsatz der verfügbaren Mittel ermöglichen und die Umsetzung der Ziele nach EG-Wasserrahmenrichtlinie voran bringen.
Auf der Seite des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie stehen im Downloadbereich die Kurzdarstellung, Präsentation und der ausführliche Bericht zur Methodik bereit: Hier der Link zum HLUG
Methodisches – Für Sie kurz erfasst!
Im Rahmen der Methodik wird der Begriff der „morphologischen Gewässerentwicklungsfähigkeit“ eingeführt. Er beschreibt die Eignung eines Gewässerabschnittes, sich größtenteils selbst regulieren bzw. entwickeln zu können.
Die Methodik basiert auf der integrierenden Bewertung einer „natürlichen“ und einer „restriktiven“ Komponente:
- Die Entwicklungsfreudigkeit bewertet abfluss- und erosionsindizierende Merkmalskombinationen.
- Das Entwicklungspotenzial beurteilt Restriktionswirkungen, Nutzungsansprüche und Entwicklungsindikatoren des Gewässers.
Anhand verschiedener Parameter wurden die zwei Hauptkomponenten Entwicklungsfreudigkeit und Entwicklungspotential bewertet. Sie bildeten nach Gewichtung der Einflussgrößen im Mittel die Gewässerentwicklungsfähigkeit der Fließgewässer.
Eingang in die Bewertung der Fließgewässer fanden folgende Einflussgrößen („übergeordnete Parameter“): Abflussdynamik, Strömungsleistung, Ufererodierbarkeit und Geschiebeführung (Entwicklungsfreudigkeit) sowie Regenerationswiderstand, Flächenverfügbarkeit, lineare Restriktion und Prozessdynamik (Entwicklungspotenzial).
Der Wert dieser jeweils vier Einflussgrößen ergibt sich aus der differenzierten Betrachtung einzelner morphologischer Kenngrößen (Einzelparameter). Die Bewertung dieser Einzelparameter stützte sich auf bereits vorhandene Daten. Dazu wurden bestehende Datenbanken auf ihre Datenverfügbarkeit bzw. –verwendbarkeit geprüft und stellten Informationen zu bspw. Bodenarten, Abflussverhältnissen, biozönotischen Gewässertypen, Fischregionen, Gefällesituationen, Landnutzungen nach ATKIS, Strukturmaßnahmen nach WRRL, Überschwemmungsgebiete sowie Wanderhindernisse eine wesentliche Arbeitsgrundlage dar. Als wichtigste Grundlage dienten die Gewässerstrukturgütedaten (GESIS), welche entsprechend der Klassifizierung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) in das fünfstufige System transformiert wurden.
Mit der differenzierten Gewichtung der Einzelparamater wurden fehlende Datengrundlagen und der Einfluss verschiedener Parameter beachtet, wodurch das Ergebnis die erwünschte Präzision erlangte.
Unter’m Strich…
Als Resultat konnte die Entwicklungsfähigkeit der hessischen Gewässer in dem wasserrahmenrichtlinienkonformen fünfstufigen System von sehr gering bis sehr hoch eingeschätzt werden.
Der häufig wichtigste Entscheidungsschwerpunkt, mit geringem Kostenaufwand den guten ökologischen Zustand zu erreichen, kann nun an vielen Gewässern ermittelt werden. Durch den geringeren Mitteleinsatz ist eine schnelle Maßnahmenumsetzung denkbar womit auch andere nicht bearbeitete Teile der Oberflächenwasserkörper positiv beeinflusst werden könnten. Im Hinblick auf die Zielerreichung bis zur endgültigen Fristverlängerung der EG-WRRL bis zum Jahr 2027 und unter der Berücksichtigung der Strahlwirkung von ökologisch hochwertigen Gewässerabschnitten (Strahlwirkungskonzeption [Bsp.: Wassernetz NRW]), kann eine solche methodische Vorgehensweise zur weiteren Gesundung unseres Gewässernetzes maßgeblich beitragen und die Entscheidungsfindung zur Maßnahmenumsetzung erheblich erleichtern.
Nicht alles geht über Eigendynamik
Dennoch zeigt die beispielhafte Anwendung der Methodik in Hessen, dass über ein Drittel der Fließgewässer nur den guten ökologischen Zustand erreichen können, wenn umfangreiche Maßnahmen zur naturnahen Umgestaltung und Strukturverbesserung ergriffen werden. Für eine Revitalisierung nur über eigendynamische Entwicklung bestehen in diesen Abschnitten zu viele Restriktionen. Es bleibt also noch viel zu tun – und vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für naturgemäße und ingenieurbiologische Bauweisen! Dazu könnte auch die Software für Ingenieurbiologie SOFIE® einen wichtigen Beitrag leisten.
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