Wer ist eigentlich wo zuständig für die Gewässerunterhaltung? Kenne ich als Kommune den Zustand und die Entwicklungsziele meiner Gewässer? Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um Gewässer zu unterhalten und zu entwickeln? Und welchen Einfluss haben Wasserrahmenrichtlinie und Hochwassermanagement-Richtlinie auf die Gewässerunterhaltung?
Dies sind übliche Fragestellungen, die sich Kommunen unter Unterhaltungslastträger im Zusammenhang mit Gewässerunterhaltung und –entwicklung stellen. Die Unsicherheit hinsichtlich des erforderlichen Art und Umfangs der Gewässerunterhaltung ist bei den zuständigen Mitarbeitern groß.
Vor diesem Hintergrund organisierte und finanzierte das Bildungszentrum des Geschäftsbereichs des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft Ende März und Anfang April 2017 zwei Seminare zum Thema „Pflege und Unterhaltung Gewässer 2. Ordnung“ für interessierte Kommunen und Behördenvertreter. Stowasserplan wirkte an der Seminarorganisation mit und leitete beide Veranstaltungen.
Die Seminare fanden jeweils als 2 Tages-Schulung statt und ermöglichten den Teilnehmern Kenntnisse im Zusammenwirken von Hochwasserschutz, nachhaltiger Gewässerentwicklung und –unterhaltung zu vertiefen.
Die Gliederung der Seminartage in Theorie- und Praxisteil ermöglichte Erlerntes direkt mit der Umsetzung in der Praxis zu verknüpften. Zum ersten Seminarblock am 22./23.03.17 in Grimma wurden dafür Gewässerabschnitte der Launzige nahe Fremdiswalde und des Mutzschener Wassers bei Wagelwitz besichtigt. Zum zweiten Termin am 05./06.04.17 in Reinhardtgrimma erfolgte die Begehung entlang des Quohrener Baches und Lauebaches in Kreischa sowie des Reichstädter Baches im Dippoldiswalder Ortsteil Reichstädt.
Die Seminartage endeten mit einer positiven Resonanz und der Aussicht auf weitere Seminare für die Pflege und Unterhaltung Gewässer 2. Ordnung:
„Ein Konzept ist notwendig vor allem um Aktionismus zurückzudrängen.“
„Die gesamte Gemeinde muss den Bedarf der fachgerechten Gewässerunterhaltung erkennen.“
„Das Seminar hat es auf den Punkt gebracht.“ „Gute Verbindung von Theorie und Praxis.“
>>Zitate der Teilnehmer in Reinhardtsgrimma<<
Gewässerunterhaltung mit System
Das prozessgestützte Gewässermanagement- und Informationssystem PROGEMIS® wurde im Rahmen der Seminare ebenfalls vorgestellt. Mit der Entwicklung der Software PROGEMIS® zeigt das Forschungs- und Verbundvorhaben „In_StröHmunG“ ein Gewässermanagementsystem, dass die digitale Verwaltung von Maßnahmen und Aufgaben an Gewässern in Zusammenarbeit mit Kommune, Landkreis, Ausführungsbetrieb und Anliegern ermöglicht.
Sie haben die Seminare verpasst und interessieren sich dennoch für Gewässerunterhaltung mit System? Für den Start in die strukturierte Unterhaltung Ihrer Gewässer haben wir eine erste Hilfestellung auf der PROGEMIS® Homepage unter der Rubrik PROGEMIS® Wissen zusammengestellt. Die Links verweisen zu öffentlich zugänglichen Bestandsdaten Ihrer Gewässer. Alle Bestandsdaten wurden im Rahmen der Seminare angesprochen und können Ihnen dabei helfen, eine erste Datenbasis für Ihre Gewässer zu erstellen.
Weitere Informationen zu PROGEMIS® finden Sie hier:
Beitrag zum 39. DresdnerWasserbaukolloquium 2016, „PROGEMIS®–„Software as a Service“ für das kommunale Gewässermanagement mit Planungs-, Dokumentations- & Kommunikationskomponente“
Beitrag vom 01.03.2016 auf dem Gewässerblog „Software unterstützt Gemeinden künftig bei der Gewässerunterhaltung | Gewässerentwicklung und Hochwasserschutz“
Fotogalerien der Exkursionen des Pflege- und Unterhaltungsseminars in Grimma und Reinhardtsgrimma im März/April 2017
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- Februar 2017, Die Launzige in Fremdiswalde mit begradigtem Verlauf. Einen Monat später wurde die Launzige nach Aufweitung des Gewässerprofils und dem Anlegen eines geschwungenen Verlaufs Anschauungsobjekt des ersten Schulungstages im Rahmen des Pflege- und Unterhaltungsseminars in Grimma.
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- Die Launzige in Fremidiswalde mit aufgeweitetem Gewässerprofil und geschwungenem Verlauf. Der Bagger bereitet nach der Profilierung bereits die Gräben für den Einbau der Lebendfaschinen vor. Die Maßnahmen an der Launzige dienen der Verbesserung des Hochwasserschutzes in Kombination mit der Strukturverbesserung des Gewässers. Foto: März 2017.
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- Zur optimierten Anströmung des Brückenbauwerks wurde der Gewässerlauf oberhalb der Brücke ebenfalls neu profiliert. Im Vordergrund zu sehen ist das Material zum Einbau der ingenieurbiologischen Bauweisen. Folgende Bauweisen wurden an dem Gewässerabschnitt an der Launzige in Fremdiswalde eingebaut:
• Spreitlage mit Lebendfaschine als Fußsicherung
• Inklinante Lebend- und Totfaschinen
• Röhrichtwalze
• Steckhölzer
• Setzstangen
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- Die Launzige im Februar 2017 außerorts verläuft gestreckt mit teils direkt angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Flächen. Sie bildete ebenfalls das Exkursionsziel des ersten Schulungstages im Rahmen des Pflege- und Unterhaltungseminars in Grimma.
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- Die Förderung der eigendynamischen Entwicklung unter weitestgehender Berücksichtigung vorhandener Nutzungsansprüche stand hier im Rahmen der Maßnahmen an der Launzige im Vordergrund. Vorhandene Gehölze wurden teilweise erhalten oder dienten der Materialgewinnung zur Herstellung ingenieurbiologischer Bauweisen.
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- Aufbruch des begradigten Verlaufs durch Strukturmaßnahmen innerhalb des Profils. Unterstützend wurden Steckhölzer, Weidensetzstangen und Faschinen zur Initiierung der Eigendynamik und standortgerechter Ufervegetation eingebracht.
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- Mit der Baggerschaufel profilierte Faschinengräben erleichtern den Einbau der Faschinen erheblich. Bestandsgehölze bilden nun wertvolle Strukturen am und im Gewässer.
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- Bereits kurze Zeit nach Profilierung legte sich die Trübung und die meist verschlammte Launzige als „Sandgeprägter Tieflandbach“ (LAWA-Gewässertyp 14 nach SOMMERHÄUSER, POTTGIEßER) zeigte ihr Gewässerbett mit einer Substratsortierung aus Sanden und Kiesen.
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- Am Mutzschener Wasser erläutert Dr. Andreas Stowasser den Seminarteilnehmern am zweiten Seminartag in Grimma die Strömungslenkung durch inklinante Buhnen aus Setzstangen. Mit wenig Aufwand sollten im April 2015 im Rahmen der Gewässerunterhaltung die Ufer des Mutzschener Wassers in Grimma gesichert werden, um die beginnende eigendynamische Entwicklung gesteuert zu unterstützen und ein weiteres Abtragen der angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen zu verhindern. Gleichzeitig soll die Strukturanreicherung durch begleitende Ufergehölze und deren Beschattung in diesem Bereich den künftigen Unterhaltungsaufwand am Gewässer extensivieren. Nach dem Einbau 2015 gab es an den ingenieurbiologischen Bauweisen Biberschäden, sodass die Buhnen aus Weidensetzstangen nicht austrieben, dennoch aber den Stromstrich vom Ufer ablenken.
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- Den Abschluss des Seminars in Grimma bildete eine Besichtigung eines naturnahen Referenzgewässerabschnitts am Mutzschener Wasser.
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- Dieser Gewässerabschnitt wird im Rahmen des Verbundvorhabens „In_StröHmunG“ beprobt und weist trotz seiner sehr guten strukturellen Ausstattung kaum gewässertypische Organismen auf. Grund dafür sind Stoff- und Sedimenteinträge aus dem Einzugsgebiet, die dazu führen, dass Lebensräume der Gewässersohle zugesetzt und damit insbesondere für gewässergebundene Wirbellose schwer besiedelbar sind.
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- Der Quohrener Bach bildete das erste Exkursionsziel des Pflege- und Unterhaltungseminars in Reinhardtsgrimma.
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- Der Blick fürs Detail – fast kunstvoll zeigen sich an der Bachsohle des Quohrener Bachs Weidenwurzeln, die Böschung und Gewässersohle intensiv durchwurzeln und befestigen.
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- Im Zuge der Hochwasserschadensbeseitigung am Quohrener Bach wurde ein Uferabbruch durch inklinante Buhnen gesichert. Zwischen den Buhnen wird sich das Ufer eigendynamisch entwickeln, Teile des Uferabbruchs konnten erhalten werden. Die Maßnahme stellt einen Kompromiss zwischen dem aus Sicht der Gewässerentwicklung wünschenswerten Erhalt des Uferabbruchs und dem Wunsch des Flächeneigentümers nach Widerherstellung der Weidefläche dar. Durch den Kompromiss an dieser Stelle stimmte der Eigentümer an anderen Abschnitten zur Bereitstellung von Flächen für das Gewässer zu.
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- Der Reichstädter Bach bildete das Exkursionsziel des zweiten Seminartages in Reinhardtsgrimma. Besichtigt wurden naturnahe Abschnitte des Reichstädter Bachs, in denen keine Pflege erforderlich ist sowie verschiedene Maßnahmen zur Ufersicherung aus unterschiedlichen Fertigstellungsjahren von 2002 bis 2013. Die Reduzierung des Unterhaltungsaufwandes durch standortgerechte Ufergehölze und die fachgerechte Gehölzpflege standen bei der Exkursion ebenfalls im Mittelpunkt. Der auf dem Foto zu sehende begrünte Steinsatz am Reichstädter Bach wurde 2004 gebaut und bildet eine stabile und pflegeextensive Ufersicherung.
als Teamleiterin ist Sie bei
Ingbiotools und
Stowasserplan zuständig für die Fachgebiete Gewässerentwicklung und Gewässerunterhaltung. Ihre Spezialisierung liegt in der praktischen Anwendung der Trittstein- und Strahlwirkungskonzeption und der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie.