Wo Biber siedeln, bleibt das Gewässer nicht, wie es war. Diese Tiere verändern ihren Lebensraum mit bemerkenswerter Konsequenz – und lösen damit regelmäßig Zielkonflikte aus: zwischen Artenschutz, Hochwasserschutz, Land- und Forstwirtschaft sowie der Gewässerunterhaltung. Für alle, die an und mit Gewässern arbeiten, lohnt sich deshalb ein genauer Blick auf die Lebensweise des Bibers und den richtigen Umgang mit dessen Bauwerken.
Ein Baumeister mit System
Biber leben und wirken in der Regel in einem Streifen von etwa 20 Metern beidseits des Gewässers. Hier graben sie Röhren, errichten Burgen, stauen das Wasser mit Dämmen auf, lagern Totholz ein und verbrauchen eine beachtliche Menge an Vegetation – v.?a. Ufergehölze. Selbst Röhrichte und Unterwasservegetation gehören zu ihrem Speise- und Bauplan. Besonders in Gebieten mit dichter Biberpopulation kann das zu einem deutlichen Rückgang einzelner Pflanzenarten führen.
Ein besonderes Augenmerk gilt den sogenannten Biberbauwerken. Sie werden in drei Kategorien eingeteilt: Burgen und Röhren sind Bauwerke der höchsten Schutzstufe. Dämme, die das Stauniveau am Wohngewässer sichern – sogenannte „Wohndämme“ – sind ebenfalls besonders geschützt. Nur sogenannte „Nahrungsdämme“, also Dämme zur Erschließung von Futterplätzen, dürfen unter bestimmten Bedingungen reguliert oder entfernt werden.
Vom Eingriff zur Eigendynamik
So herausfordernd die Aktivität des Bibers für die Gewässerunterhaltung sein kann – sie bietet auch große Chancen. Biberdämme, Totholzansammlungen und Burgen wirken wie Katalysatoren für eigendynamische Prozesse: Sie verändern Querprofile, beeinflussen Sedimenttransport, fördern Ufererosion und lagern Material um. Auf diese Weise entstehen naturnahe Ufer- und Sohlstrukturen – Lebensräume für eine Vielzahl spezialisierter Tier- und Pflanzenarten. Studien zeigen, dass die Artenvielfalt in Biberrevieren deutlich höher ist bzw. zunimmt.
Gleichzeitig bringt der Biber Risiken mit sich. Burgen und Dämme destabilisieren Böschungen, untergraben Hochwasserschutzanlagen, verändern das Strömungsverhalten und führen zu Vernässungen im Vorland. Bei Hochwasser können sie die Abflussleistung beeinträchtigen oder Erosionsprozesse auslösen. Gerade in solchen Fällen besteht oft Handlungsbedarf.
Was ist erlaubt – und was nicht?
Der Biber steht unter strengstem Schutz: Nach FFH-Richtlinie und Bundesnaturschutzgesetz sind nicht nur die Tiere selbst geschützt, sondern auch ihre Bauten, Aufenthaltsorte und selbst tote Exemplare. Jeglicher Eingriff – etwa das Entfernen eines Wohndammes oder das Verändern einer Biberburg – bedarf einer Ausnahmegenehmigung der Unteren Naturschutzbehörde. Selbst scheinbar kleine Maßnahmen wie das Anbringen von Schutzgittern an Durchlässen oder das Ablassen eines Teiches sollten vorher abgestimmt werden, wenn Biber in der Nähe sind.
Werden durch Biberbauten wasserwirtschaftlich notwendige Abflussprofile verändert oder angrenzende Nutzungen beeinträchtigt, ist ein abgestimmtes Vorgehen gefragt. Es muss jeweils sogar geprüft werden, ob die Veränderungen nicht im Interesse des Artenschutzes toleriert werden müssen.
Prävention und Management vor Ort
In der Praxis hat sich ein Mix aus technischen Schutzmaßnahmen, Flächenmanagement und Aufklärung bewährt:
- Technische Schutzmaßnahmen: Drahtgitter mit max. 5 cm Maschenweite an Durchlässen oder Einläufen verhindern das Zubauen durch Biber. Auch Einzelbaumschutz – etwa durch engmaschiges Drahtgeflecht oder spezielle Stammschutzanstriche – kann Fraßschäden reduzieren. Zur Wiederherstellung des Abflusses an Biberdämmen bieten sich Dammdrainagen („Bibertäuscher“) mit Kanalgrundrohren an. Sie können die notwendige Wassertiefe von 80 cm für den Biber erhalten und verhindern gleichzeitig einen weiteren Wasserspiegelanstieg und zunehmende Vernässungen der angrenzenden Flächen.
- Vergrämung und lenkende Maßnahmen: Wildschutzzäune entlang von Gewässern, die ausreichend hoch und standfest sind, können das Vordringen des Bibers in sensible Bereiche einschränken. Alternativ hilft eine gezielte Pflanzung von Nahrungsgehölzen zur Ablenkfütterung.
- Flächenmanagement: Besonders wirksam ist es, Vorrangflächen für die Biberaktivität auszuweisen – möglichst in öffentlichem Eigentum oder vertraglich gesichert. Auch Gewässerentwicklungskorridore mit breiten Gewässerrandstreifen und extensiver Bewirtschaftung erleichtern den Umgang mit der Art.
- Öffentlichkeitsarbeit: Die Konflikte rund um den Biber lassen sich nicht allein durch technische Maßnahmen lösen. Notwendig ist auch Information, Aufklärung und eine ehrliche Kommunikation über Ziele, Maßnahmen und mögliche Entschädigungen.
Fazit: Natürlicher Verbündeter bei der Gewässerentwicklung – wenn der Rahmen stimmt
Der Biber ist weder Schädling noch Heiliger – sondern eine faszinierende, aber anspruchsvolle Tierart. Seine Aktivitäten initiieren eigendynamische Prozesse, die an vielen Stellen der Gewässer genau das bewirken, was aufwendig geplante Renaturierungsmaßnahmen zum Ziel hätten: Strukturelle Aufwertung, mehr Dynamik, vielfältigere Lebensräume. Wird der Biber als natürlicher Mitgestalter akzeptiert und in ein vorausschauendes Flächenmanagement eingebunden, kann das erhebliche Kosteneinsparpotenziale bei der ökologischen Gewässerentwicklung eröffnen.
Gleichzeitig braucht diese Koexistenz klare Rahmenbedingungen: Nur mit gezielter Flächenauswahl, abgestimmten technischen Maßnahmen und einem kooperativen Bibermanagement lassen sich Nutzungskonflikte begrenzen und negative Auswirkungen vermeiden. Dort, wo der Biber toleriert werden kann, ist er ein echter Gewinn – ökologisch und wirtschaftlich. ihm gezielt Raum zu geben – durch kluge Flächenauswahl, technische Schutzmaßnahmen und abgestimmte Eingriffe. So können wir dem Biber seine Lebensräume lassen – ohne unsere eigenen Aufgaben am Gewässer aus den Augen zu verlieren.








- Totholz an Fließgewässern – wertvoll oder störender Unrat? - 10. November 2025
- Gemeinsam für lebendige Gewässer – Bauseminar am Haselbach - 27. Oktober 2025
- Naturnahe Strukturen effizient entwickeln – gewusst wie - 10. Oktober 2025