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Wo aktuell noch ein verrohrter Graben unsichtbar unter einer großen Ackerfläche verläuft, rollen inzwischen die Bagger: Die Bauarbeiten zur Offenlegung des Tauchnitzgrabens haben begonnen. Damit startet eines der spannendsten Umweltprojekte Sachsens – die Kombination aus Gewässerrenaturierung und Agroforstwirtschaft. Gewässerschutz und Landnutzung ziehen an einem Strang!

Aus der im Rahmen des Projekts WERTvoll entwickelten Idee, den Bach wieder ans Licht zu holen, hat sich ein zukunftsweisendes Vorhaben entwickelt: Die Offenlegung des Tauchnitzgrabens wird mit einer gewässerbegleitenden Agrarholzpflanzung und einem 70 Hektar großen Agroforstsystem auf der angrenzenden Ackerfläche der Agrargenossenschaft e.G. Böhlitz kombiniert.

Dieses Projekt ist in Sachsen bisher einzigartig. Es verbindet Umweltschutz, Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie zur Entwicklung von naturnahen Fließgewässern, moderne Landwirtschaft und regionale Energieversorgung auf beispielhafte Weise. Hier wird gezeigt, wie sich ökologische Verantwortung und wirtschaftliche Nutzung nicht widersprechen, sondern gegenseitig stärken können. Forschung und Praxis greifen ineinander, um ein Modell zu schaffen, das gleichermaßen produktiv, resilient und klimagerecht ist.

Mit der Umsetzung wird das im Rahmen von WERTvoll erarbeitete und in ElmaR I–III konkretisierte Renaturierungskonzept verwirklicht – eine Kombination aus Gewässeroffenlegung und der Anpflanzung eines Agroforstsystems (AFS).

Im März 2025 wurden rund 30 000 Bäume auf der angrenzenden Ackerfläche gepflanzt – der erste sichtbare Schritt in Richtung einer neuen Landschaft. Im September 2025 folgte der Beginn der Bauarbeiten am Gewässer: Die Baustraße wurde angelegt, um die Offenlegung und Neuprofilierung des Tauchnitzgrabens auf einer Länge von etwa 500 Metern vorzubereiten. Anfang November sollen ingenieurbiologische Bauweisen eingebaut werden – sie sorgen dafür, dass das neue Bachbett dauerhaft stabil bleibt und sich zugleich naturnah entwickeln kann.

Im Frühjahr 2026 erfolgt dann die bachbegleitende Pflanzung des Agroforstsystems. Diese Pflanzung bildet das Rückgrat des Projekts: Sie bietet Lebensraum für Tiere, schützt vor Erosion und liefert gleichzeitig wertvolles Holz. Die Holzerträge werden künftig zur Energiegewinnung im Nahwärmenetz Röcknitz genutzt – ein geschlossener regionaler Kreislauf, der Klima und Ressourcen schont.

Wer das Projekt aus nächster Nähe erleben möchte, hat dazu im Juni 2026 Gelegenheit: Dann findet ein Feldtag statt, an dem Interessierte den Fortschritt direkt vor Ort besichtigen können.

Wissenschaftlich begleitet wird das Vorhaben vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement am Umwelt-Campus Birkenfeld im Rahmen des Projekts AGROfloW. Finanziert wird es über das EU-Förderprogramm ZENAPA, das innovative Ansätze für Energie- und Klimaschutz unterstützt. Die Stowasserplan GmbH & Co. KG hat das Projekt von der ersten Idee an geplant, die Gemeinde Lossatal beim wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren unterstützt und übernimmt nun die fachliche Bauüberwachung.

Der Tauchnitzgraben wird damit zu einem Modellstandort, an dem Gewässerentwicklung, Landwirtschaft und Energiegewinnung auf beispielhafte Weise zusammenfinden.

Luftbild mit dem Agroforstsystem und dem zukünftigen Verlauf des Tauchnitzgrabens (blaue Linie), Blick entgegen der Fließrichtung vor Beginn der Bauarbeiten
Ausgangszustand – Blick entlang des verrohrten Tauchnitzgrabens (gestrichelte blaue Linie) in Fließrichtung
Bauberatung – Beginn der Erdarbeiten zum Einbau neuer Dränagesammler beidseits des zukünftigen Gewässerkorridors
Agroforstsystem: 5-reihiges System mit 2 Reihen Hybridpappeln, einer Reihe Wertholz, 2 Reihen Hybridpappeln, Entwicklungsstand 6 Monate nach der Pflanzung
Das Modellprojekt am Tauchnitzgraben wurden von Katrin Dachsel (links) von Stowasserplan und unserem Projektpartner Frank Wagener vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IFAS) auf dem diesjährigen Agroforstforum des DeFAF am 17. Und 18. September 2025 in Gießen präsentiert.
Dr.-Ing. Andreas Stowasser